Wärme geht in Industrie, Gewerbe und Haushalten oftmals ungenutzt verloren und gilt als Abfallprodukt – dabei steckt in Abwärme viel energetisches Potenzial. Im Rahmen von THEAsmart erforschen Wissenschaftler*innen und Unternehmen im eben diese Potenziale, um herauszufinden wie das Abfallprodukt Wärme durch den Einsatz innovativer Technik für weitere Zwecke genutzt werden kann. Ein Forschungskonsortium rund um die Neue Effizienz erhält für das Vorhaben Fördergelder des Landes NRW und der Europäischen Union.
Seit Mai 2017 hat das Forschungsprojekt „THEAsmart“ begonnen. Das Ziel ist die Weiterentwicklung von Formgedächtnismetallen. Diese haben die Eigenschaft, bei Einwirkung einer bestimmten Temperatur eine vorgegebene Form anzunehmen, dabei wird Bewegungsenergie freigesetzt. Ein berühmtes Beispiel hierfür ist der Löffel der sich wie von Zauberhand verbiegt, wenn man ihn in die Hand nimmt. Eine Spielerei die das Prinzip der Formgedächtnislegierung ausnutzt, dabei reicht die Abwärme der Hand bereits aus um eine Materialreaktion auszulösen.
In bestimmten Einsatzgebieten können diese Metalle als Antrieb genutzt werden, zum Beispiel für elektrische Generatoren oder als mechanische Antriebe. Die Energieeffizienz in Prozessen in Industrieunternehmen, Gewerben oder Haushalten könnte mit ihrem Einsatz zur Nutzung von Abwärme verbessert werden. Bis 2020 ist die Entwicklung von thermisch angetriebenen Generatoren, sogenannten „Energy Harvestern“, und die Identifikation von weiteren Einsatzbereichen geplant
„Wir arbeiten an Materialien, die bereits mit niedrigen Temperaturunterschieden funktionieren“, so Dr. Alexander Czechowicz von der Forschungsgemeinschaft Werkzeuge und Werkstoffe e.V.(FGW) in Remscheid, Leiter der technischen Entwicklung von Halbzeugen aus Formgedächtnislegierungen. Das ermöglicht die Erforschung von ganz neuen Einsatzgebieten der Abwärmenutzung, denn gerade bei Prozessen mit geringer Abwärme konnte bisher nur schlecht Energie zurück gewonnen werden. Bestehende Systeme könnten ausserdem noch Energieeffizienter werden, wenn die Energy Harvester als Ergänzung zu Prozessoptimierung eingesetzt werden.
Projektziel ist es, Produkte zu entwickeln die zur Energiewandlung und Energierückgewinnung aus Abwärme in unterschiedlichsten Branchen einsatzfähig sind. Von der Müllverbrennungsanlage bis zur Abzugsanlage am Industrieherd gibt es zahlreiche Einsatzmöglichkeiten. Dazu werden weitere Anwendungspartner in der Region gesucht, um in unterschiedlichsten Branchen die Einsatzgebiete und Effektivität der Technologie zu testen.
Das Forschungskonsortium wird geleitet durch die Neue Effizienz, sie koordiniert das Projekt, als regionales Netzwerk zur Förderung der Energie- und Ressourceneffizienz und übernimmt die Ansprache und Integration von externen Unternehmen in das Gesamtprojekt, sowie die Erforschung des Marktes.
Neben der Forschungsarbeit an Smart Materials durch die FGW in Remscheid, wird an der Hochschule Bochum Forschungsarbeit zur Technik der Energy Harvester durchgeführt, unter Leitung von Prof. Dr.-Ing. Clemens Faller. Hier wird grundlegend an Energiewandlungsverfahren geforscht um Energie effizienter nutzbar zu machen.
Als weitere Konsortialpartner engagieren sich zwei anwendungsbezogene Unternehmen. Die Firma Dörschler GmbH mit Sitz in Remscheid bietet als Experte für Haustechnik, Produkte und Lösungen aus dem Bereich Sanitär, Heizung und Klima für Privat- und Industriekunden an. Die Firma Bleco aus Greven ist ein Anbieter von Lösungen, die mit dem Transport und der Behandlung von Luft und den dabei mitgeführten Stoffen zusammenhängen. Die Anwendungsforschung und konstruktive Entwicklung von Prototypen, sowie deren Einbau und Nutzung in Feldtests wird maßgeblich durch diese Industriepartner geleitet.
Das Projekt hat eine Laufzeit von drei Jahren und wird mit rund 1,3 Millionen Euro aus Mitteln des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) und durch das Land NRW gefördert. Im Leitmarktwettbewerb „EnergieUmweltwirtschaft.NRW“ ist es eines von 18 geförderten Projekten, die aus 73 eingereichten Projektideen ausgewählt wurden.
Erster Patenterfolg im Forschungsprojekt
Im Januar 2019 wurde die erste Erfindung aus dem Projekt ‚THEAsmart – Thermische Energierückgewinnung aus Abwärme durch Smart Materials’, erfolgreich als Patent ins Register des deutschen Marken- und Patentamtes aufgenommen. Erfinder der Idee ist Dipl.Ing. Werner Patten, der mit seiner Firma Bleco Apparatebau als Praxispartner am Forschungsprojekt THEAsmart beteiligt ist. Das Patent beschreibt die Funktionsweise eines sogenannten Energy Harvesters. Hierbei handelt es sich um eine Antriebseinheit, die mittels Temperaturdifferenzen und dem Einsatz von Federn aus Formgedächtnismetall (FGM) thermische Energie in kinetische Energie wandelt, welche anschließend als elektrische Energie genutzt werden kann. So könnte schon bald in niedrigen Temperaturbereichen zwischen 20°C und 100°C, bei einer Temperaturdifferenz von weniger als 10°C, Energierückgewinnung mittels FGL möglich sein.
Die im Projekt von der Forschungsgemeinschaft Werkzeuge und Werkstoffe e.V (FGW e.V.) entwickelten Formgedächtnisfedern, mit ihrer Programmierung auf niedrige Temperaturdifferentiale, werden dabei als Aktor zur Energiewandlung genutzt. Die patentierte Erfindung besteht aus einem zentralen Zylinderkolben, der mittels Formgedächtnisfedern und deren Reaktion auf verschiedene Arbeitsmedien in Bewegung gesetzt wird. Die Arbeitsmedien werden dabei aus verschieden temperierten Reservoirs (M1 – M3) hin und her gepumpt, um einen Temperaturwechsel am Formgedächtnislegierungs-Element (FGL-Element) zu erreichen. Die lineare Bewegung, die dadurch erzeugt wird, kann zur Wandlung in elektrische Energie genutzt werden. Als Arbeitsmedien für die Energieübertragung können sowohl Flüssigkeiten als auch gasförmige Medien genutzt werden. (Siehe schematische Darstellung)
Die Entwicklung wurde von Dipl.Ing. Werner Patten bereits im Oktober 2017 zur Patentierung eingereicht. Seitdem wird im Forschungsprojekt an der Umsetzung des ersten Prototypen gearbeitet. Die Einsetzbarkeit und Effektivität der Technologie wird im Projekt noch erprobt und validiert. Mithilfe der Idee könnten große Potentiale zur Energierückgewinnung und dezentralen Energieversorgung erschlossen werden, da die Erfindung vielseitig einsetzbar ist. Je nach Skalierbarkeit und Grenzen der Leistungsoptimierung, könnte die Entwicklung in unterschiedlichen Märkten genutzt werden.
THEAsmart auf der Hannovermesse 2019
Erstmalig wurden im Rahmen der Hannovermesse THEAsmart Prototypen der Öffentlichkeit vorgestellt – das Projekt wurde vom Forschungspartner FGW e.V. auf dem NRW Landesgemeinschaftsstand ‚Schlüsseltechnologien und Neue Werkstoffe aus NRW’ des Ministeriums für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie präsentiert.
Das Funktionsmodell einer thermisch gesteuerten Pumpe, die mittels Formgedächtnismetall (FGM) und Temperaturdifferenzen angetrieben wird, wurde erstmals auf der Messe präsentiert. Virtuell wurden mithilfe einer Hololens auch weitere Entwicklungen aus dem Projekt, wie ein sogenannter Energy Harvester mit FGM Antrieb, für die Messebesucher erlebbar gemacht. Die Resonanz der Besucher*innen auf die Projektergebnisse war überwiegend positiv und die Entwicklungen wurden vom Fachpublikum interessiert diskutiert. Die Ausstellung in Halle 2, Research and Development, war insgesamt erfolgreich und brachte einen guten Austausch und interessante Impulse für das Projekt.
Vor allem der Besuch von NRW Staatssekretär Christoph Dammermann, welcher sich über die neusten Innovationen und Produkte aus NRW informierte und bei seinem Besuch ebenfalls den THEAsmart Prototypen begutachtete, freute uns sehr. Er ließ sich die Anwendbarkeit von FGL in der Energierückgewinnung zeigen und war beeindruckt vom Innovationsansatz. Auch die Bundesministerin für Bildung und Forschung Anja Karliczek war zu Gast auf dem Landesgemeischaftsstand NRW und informierte sich über die Forschung aus NRW.
Wir bedanken uns beim Ministerium für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie für das gute Forum und die gelungene Ausstellung auf dem Landesgemeinschaftsstand NRW auf der Hannovermesse und freuen uns auf unseren eigenen THEAsmart Messeauftritt im Jahr 2020.